Rezension "Befreit" von Tara Westover


Tara Westover beschreibt ihre Kindheit in den Bergen Idahos, in einer Mormonen Familie, abgeschottet von der Welt.  Ein Leben im Einklang mit der Natur ,aber auch mit den Gesetzen des Vaters, der psychisch krank und paranoid ist. Immer wieder bereitet er die Familie auf den nahenden Weltuntergang vor. Von ihm lernt Tara, dass die Welt bedrohlich ist und sie ohne ihre Familie nicht überleben kann. 

Tara muss hart arbeiten, darf nicht zur Schule gehen oder zu einem Arzt und ist der Gewalt ihres älteren Bruders ausgesetzt. Trotzdem bewahrt sie sich den Wunsch, zu lernen, Neues zu erfahren. Und schafft es schließlich mit viel Disziplin, die Bildung, die ihr verwehrt wurde, nachzuholen und sogar zur Universität zu gehen.

Gleichzeitig entfremdet sie dies von ihrer Familie. Und sie muss eine Entscheidung fällen, der sie lange ausweicht: Soll sie ihr Leben leben, das Leben einer freien Frau und Akademikerin oder in den Schoss ihrer Familie zurück kehren. Denn beides, so muss sie schmerzlich feststellen, geht nicht.

 Fazit

Das Buch ist unheimlich spannend  und hat mich Nächte lang wach gehalten. Man fühlt mit dem kleinen Mädchen mit, dass so hart wie ein Erwachsener auf dem Schrottplatz arbeiten muss. Gleichzeitig bewundert man ihre Naturverbundenheit und ihren Mut. Ganz selbstverständlich hilft sie dem Vater beim Dachdecken, fährt Gabelstabler und hilft beim Schrott verwerten. 

Hinzu kommt der Bruder, der zu Gewaltausbrüchen neigt und vor dem Tara sich ständig in Acht nehmen muss. Er hat zwei Gesichter und schwankt ständig zwischen dem liebevollen, beschützenden Bruder und einem übergriffigen, brutalen Psychopathen. Wen sie gerade vor sich hat, weiß Tara nicht und lebt in ständiger Anspannung. 

Als sie sich dann befreit und anfängt, aufs College zu gehen, kann man hautnah mit erleben, wie Tara die Welt neu entdeckt. Wie sie begierig lernt, was ihr so lange vorenthalten wurde. Über ihr eigenes Land, fremde Kontinente und Kulturen, Frauenrechte. Und dabei immer mehr erkennt, dass ihre Familie ihre eigene Weltsicht hat, die nicht mit der Realität übereinstimmt. 

Ein großartiges, fesselndes Buch. Über Taras Weg und ihre Entwicklung. Was ich mir gewünscht hätte, ist dass die Autorin auch die Beziehung zu ihrem Freund Drew stärker aufgreift. Denn für eine junge Frau, die als Mormonin aufwächst, ist es sicher nicht einfach, unverheiratet mit einem Mann zusammen zu leben. Und eine gleichberechtigte Beziehung zwischen Mann und Frau hat sie in ihrer Mormonischen Gemeinde und der Familie nie erlebt. Mormoninnen heiraten üblicherweise mit 18,19 Jahren. Ihre Aufgabe ist dann nur noch, wie am Fließband Kinder zu gebären und ihrem Mann zu gehorchen. 

Das wäre das I-Tüpfelchen gewesen. Aber davon abgesehen ist "Befreit" für mich mein Buch des Jahres. 

Titel: Befreit

Autorin: Tara Westover

Übersetzer: Eike Schönfeld

Herausgeber : KiWi-Taschenbuch; 4. Edition (12. September 2019)

Taschenbuch : 448 Seiten

ISBN-10 : 3462054007

ISBN-13 : 978-3462054002






Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Rezension "Glaube Hoffnung und Gemetzel" von Nick Cave und Sean O'Hagen

Rezension: " Schmerzfrei und beweglich bis ins hohe Alter" von Liebscher-Bracht

"Gewässer im Ziplock" von Dana Vowinkel